iRobot-Aktie +74%: Das Schnäppchen des Lebens machen?

Die Kursentwicklung der iRobot-Aktie war zuletzt eine der größten Tragödien der gesamten Konsumgüterindustrie. Der Aktienkurs des Herstellers von Haushaltsrobotern kollabierte von 125 US$ Anfang 2021 auf 1,40 US$ Ende November. Doch gestern gab die iRobot-Aktie mit einem Kursplus von +74% ein gewaltiges Lebenszeichen von sich. Was war da los und können Anleger hier das Schnäppchen ihres Lebens machen?

Erklärungen für die Kursexplosion

Es ist schon erstaunlich: Noch vor kurzem warnte das iRobot-Management Anleger davor, dass dem Unternehmen angesichts der angespannten Finanzierungslage ohne frisches Kapital die Pleite drohe und trotzdem verdoppelte sich der Kurs der iRobot-Aktie innerhalb von nur drei Handelstagen.

Für die logisch kaum nachvollziehbare Kursexplosion gibt es trotzdem drei Erklärungen:

Zum Ersten hat sich iRobot in eine Zockeraktie verwandelt. Die Tatsache, dass der Aktienkurs des bekannte Haushaltsnamens fast auf Pennystock-Niveau abstürzte, zog viele Spekulanten an. Die iRobot-Aktie steht derzeit in Finanzforen im Internet weit oben auf der Agenda.

Zum Zweiten könnte ein klassischer Short-Squeeze die jüngste Kursexplosion der iRobot-Aktie verursacht haben. Mit rund 40% des gesamten Streubesitzes ist die Aktie extrem stark leerverkauft. Das hat zur Folge, dass sich sehr viele Short Seller bei Kurssteigerungen mit Aktien eindecken müssen, um ihre Verluste zu begrenzen. Dadurch entsteht ein sich selbstverstärkender Effekt.

Und zum Dritten steckt möglicherweise die US-Regierung hinter dem unerwarteten Kursanstieg der iRobot-Aktie. Grund ist, dass Medienberichten zufolge Washington die Robotikindustrie mit Milliarden fördern will.

Die USA sind gegenüber China in der Industrierobotik deutlich ins Hintertreffen geraten. Mit knapp 2 Millionen Stück arbeiten fast viermal so viele Roboter in der chinesischen Industrie wie in der amerikanischen. Das soll sich nach dem Willen der US-Regierung ändern.

Noch kein Pennystock

Charttechnisch lässt sich die iRobot-Aktie momentan nicht vernünftig analysieren. Ein Sturz auf Pennystock-Niveau wurde durch die jüngste Kursrallye verhindert. Die vergangenen Monaten habe jedoch gezeigt, dass Rallyes bei iRobot meist nicht von langer Dauer sind.

Vom Must-have zum Me-too

Ich rate Anlegern, die Finger von der iRobot-Aktie zu lassen, denn hier besteht aus meiner Sicht akutes Verbrennungspotenzial. Seit drei Jahren befindet sich der Haushaltsroboterhersteller auf dem absteigenden Ast.

Die Umsatzentwicklung verdeutlicht das auf eindrucksvolle Weise. Die Erlöse von iRobot sanken von 1,56 Milliarden US$ im Jahr 2021 auf 680 Millionen US$ im vergangenen Jahr. In den ersten neun Monaten des laufenden Jahres machte iRobot 375 Millionen US$ Umsatz. Es sieht also ganz danach aus, als wäre der Downturn noch immer nicht zu Ende.

Grund dafür ist, dass iRobot einfach keine Wettbewerbsvorteile mehr hat. Die Zeiten, in denen die Amerikaner noch Must-have Produkte für den Haushalt produzierten, sind längst vorbei. Inzwischen sind die Roomba-Saugroboter und Braava-Wischroboter nur noch Me-too Produkte, die in harter Konkurrenz zu zahlreichen anderen Herstellern stehen.

Nicht mehr als eine Zockeraktie

Von einer Förderung der Robotikindustrie durch die US-Regierung verspreche ich mir rein gar nichts. Sie dürfte auf Industrieroboter beschränkt bleiben und an iRobot vorbeigehen.

Bleibt noch die Hoffnung auf eine Übernahme. Nachdem der Kauf durch Amazon im vergangenen Jahr gescheitert war, gab es Spekulation über eine Übernahme durch einen anderen Tech-Konzern wie beispielsweise Apple. Bislang hat jedoch niemand konkretes Interesse an iRobot gezeigt. Bei dieser Geschäftsentwicklung auch kein Wunder.

Auf Zocker mag die iRobot-Aktie einen ganz besonderen Reiz ausüben. Hier winken gewaltige kurzzeitige Handelsgewinne. Aber mit Vernunft hat die Kursentwicklung von iRobot derzeit absolut nichts zu tun.

Ein Schnäppchen können Anleger hier meiner Meinung nach nicht machen. Dass der Aktienkurs so tief im Keller ist, hat seine guten Gründe.

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