Diese Aktien sind jetzt spannend – und diese nicht
Stelldichein von Firmenlenkern und Investoren: Rund 450 börsennotierte Unternehmen haben sich vergangene Woche bei der 40. Münchner Kapitalmarktkonferenz präsentiert. Wir waren vor Ort und haben in vielen persönlichen Gesprächen mit CEOs und CFOs spannende Hintergründe erfahren.
Was Firmenchefs alles erzählen
Nachrichten über Aktiengesellschaften gibt es zuhauf. Je größer das Unternehmen, umso mehr News. Small- und Midcaps sind generell etwas sparsamer mit ihrer Medienpolitik. Daher ist es umso interessanter, wenn man bei einem Event wie der 40. Münchner Kapitalmarktkonferenz (MKK) sogar persönlich mit Firmenchefs sprechen kann und von ihnen Dinge erfährt, die man nirgendwo hört oder liest.
Börsenfuchs Marco Messina ist seit vielen Jahren Dauergast bei der MKK. Was er diesmal dort erfahren hat, erklärt er im Interview mit SD-Chefredakteur Frank Giarra, der ebenfalls vor Ort war.
Vergangene Woche waren Sie bei der 40. Münchner Kapitalmarktkonferenz (MKK). Welche Erkenntnisse haben Sie dort für Ihre Investments gewonnen?
Marco Messina: Die MKK ist jedes Jahr mein „Reality Check“ für Small- und Midcaps. Man bekommt dort ungefilterte Einblicke direkt vom Management – ohne PR, ohne große Bühne. Vor allem schaue ich zum Ende des Jahres aber darauf, was die Unternehmen auf der Frühjahrskonferenz als Vision für das Jahr ausgegeben haben und was sie dann zum Ende des Jahres davon gehalten haben.
In diesem Jahr hat sich klar gezeigt:
- Gute Unternehmen liefern weiter, auch wenn die Stimmung am Markt mieser ist, als es die Zahlen rechtfertigen.
- Cashflow ist König: Firmen, die saubere Bilanzen haben, wachsen weiter – völlig unabhängig von geopolitischem Dauerrauschen. Der Free Cash-Flow war auch auf Seiten der Investoren in den Gesprächsrunden fester Fragepunkt.
- In Nischen liegt das Gold: Ob Industrial Tech, IoT-Spezialisten oder smarte Infrastrukturdienstleister – die spannendsten Werte sind oft die, die (noch) keiner oder eben nur wenige auf dem Radar haben.
- Und ganz wichtig: Der deutsche Smallcap-Markt ist massiv unterbewertet. Viele Titel handeln auf Niveaus, die man sonst nur in Krisenjahren sieht, obwohl operativ vieles brummt und das sind nicht nur die Kopfschmerzen in der Vorstandsetagen.

Marco Messina, Chefanalyst Aktien Navigator
Antizyklisches Investieren lohnt sich
Kurz: Die MKK hat nochmal bestätigt, warum antizyklisches Investieren sich lohnt – gerade jetzt. Aber nach der MKK ist vor dem noch viel größeren Eigenkapitalforum. In einer Woche heißt es dann in drei Konferenztagen: Deutlich über 200 Firmen, Analysten und Fondsmanagern aus über 28 Ländern und insgesamt mehr als 4.000 1on1-Gespräche. Wetten, da laufen wieder einige starke News über die Ticker?
Einen Wert aus dem europäischen Ausland aus dem Aktien Navigator-Universum habe ich da im letzten Jahr kurz nach meiner Aufnahme ins Echtgelddepot urplötzlich präsentieren sehen. Kurze Zeit später wurde dann die Zusammenarbeit mit einem deutschen Milliardenkonzern publik. Die Aktie notiert mittlerweile – auch davon getrieben – inklusive Dividendenausschüttung satte +72% im Plus, mit einem eigentlich völlig langweiligen Business.
Wie sich Firmenlenker persönlich verhalten
Seit vielen Jahren fahren Sie zweimal im Jahr zur MKK. Warum?
Marco Messina: Fangen wir hinten an – ganz einfach: Weil dort die Wahrheit auf dem Tisch liegt.
- Wo sonst spricht man innerhalb von zwei Tagen mit 15–20 Vorständen und CFOs?
- Wo sonst bekommt man ehrliche Einschätzungen – nicht den Hochglanzprospekt?
- Und wo sonst hat man die Chance, frühzeitig zu erkennen, welche Trends sich im deutschen Mittelstand wirklich durchsetzen?
Und vor allem: Ich beobachte gerne, wie sich die Firmenlenker außerhalb ihrer Komfortzone verhalten. Sprich nach deren Präsentationen, vielleicht am Stehtisch beim Kaffee oder abends beim get together. Für mich ist die MKK eine Art „Pflichttermin“ wie die CES für Tech-Investoren oder PDAC für Mining-Gurus.
Nach so vielen Jahren kenne ich viele Vorstände persönlich – und genau diese Kontakte ermöglichen Einschätzungen, die man am Bildschirm nicht bekommt. Angefangen habe ich auf der MKK im Übrigen vor weit über zehn Jahren selber, als ich als Vorstand einer börsennotierten Gesellschaft auf der anderen Seite stand und mein Unternehmen damals den Investoren vorgestellt habe.
Es gab spannende Highlights
Gab es für Sie bei der MKK spannende Neuentdeckungen? Haben Sie möglicherweise sogar Kauftipps mitgebracht?
Marco Messina: Ja – es gab wieder einige Highlights. Vor allem ein Unternehmen, das ich bisher nicht auf dem Schirm hatte und das ich als extrem spannend empfunden habe. Leider wurde die Aktie aber vor kurzem entdeckt und hat sich seit September um satte +50% nach oben bewegt, somit ist sie von der Bewertung nicht mehr ganz so attraktiv wie noch vor einigen Wochen.
Aber drei Gruppen waren für mich besonders spannend:
- Unternehmen mit starker wiederkehrender Umsatzbasis: Software- & Technologieanbieter, die an kritischer Infrastruktur hängen, bleiben ein No Brainer. Wer planbare, wachsende Cashflows hat, wird früher oder später neu bewertet.
- Industrie-Perlen, die vom Re-Shoring profitieren: Deutschland verlagert endlich wieder Wertschöpfung ins Land zurück – und davon profitieren Firmen mit hoher technischer Spezialisierung.
- Hidden Champions im Bereich Digitalisierung & Automation: Besonders die Meetings mit einigen Unternehmen haben mir gezeigt: Der deutsche Mittelstand ist viel digitaler, als die öffentliche Debatte behauptet. Einige dieser Unternehmen laufen operativ so gut, dass die aktuellen Kurse definitiv Einstiegschancen bieten. Wenn da nicht das aktuell negative Umfeld wäre und die Gefahr, dass auch eben diese Werte im Falle einer deutlichen Korrektur unter die Räder kommen könnten, vor allem eben weil deutlich geringere Handelsliquidität in diesen Werten zu verzeichnen ist.
Diese Aktien besser meiden
Gibt es auch Unternehmen und deren Aktien, von denen Sie jetzt lieber die Finger lassen würden?
Marco Messina: Ja, auch die gab es. Und zwar mehrere. Es gab da die Firma Circus, da waren Sie vermutlich viel positiver gestimmt als ich, aber für mich reitet man da einen Hype, mal unabhängig von der Technologie. Geld verdienen wird man so schnell nicht, und der Burn ist mit einer hohen einstelligen Millionensumme auch nicht gerade gering. Aber Start-up-Hippies verkaufen jede noch so negative Kennzahl als was Positives. Da bin ich dann raus. Also wenn das Geschäftsmodell nur funktioniert, weil man auf den KI-Defence-Innovation-Hype aufspringt und nur solange der Markt frisches Geld gibt, ist das kein Investment für mich.
Einige Firmen konnten nicht beantworten, wie sie ihre Margen steigern wollen. Und das ist ja das A und O, vielleicht auch mal in stagnierende Märkte die steigenden Kosten auf der einen Seite auch abfedern zu können. Keine Vision, kein Plan = kein Kapital von mir.
Auch von Werten mit Bilanzrisiken lasse ich natürlich die Finger. Sobald die Verschuldung zu hoch ist oder der CFO zu viele „Sondereffekte“ erklärt, werde ich skeptisch. Gerade in einem Zinsumfeld wie jetzt ist das ein Ausschlusskriterium. Ich brauche keinen CEO/CFO, die mich von ihrer Aktie überzeugen müssen. Sie müssen ihre Story einfach erzählen und als Zuhörer muss man von sich aus begeistert sein, oder eben halt nicht.
Value gibt es auch in diesem Marktumfeld
Geschäftsmodelle, die vom Staat abhängen, sind ebenso kritischer zu betrachten. Wenn ein Unternehmen nur deshalb existiert, weil Fördergelder fließen oder politische Programme laufen, dann ist das mir persönlich zu heiß. Natürlich müssen wir die massiven Ausgaben der EU-weiten, aber auch von Deutschland initiierten Strukturprogramme berücksichtigen und kurzfristig mitnehmen. Aber kann das Unternehmen daraus auch nachhaltig eine neue Entwicklung nehmen?
Kurz gesagt: Ich investiere lieber in Firmen, die ihr Geld am Markt verdienen – nicht durch Subventionen oder Storytelling. Eine davon habe ich zwar nicht auf der MKK entdeckt, bin aber auf einer vorherigen Konferenz in Frankfurt auf das Unternehmen aufmerksam geworden. Wochenlange Recherchen haben jetzt dafür gesorgt, dass ich diesen dividendenstarken Titel aus einem europäischen Nachbarland morgen in der neuen Ausgabe vom Aktien Navigator vorstellen werden. Neben der hohen Dividende, die fast an die 10%-Marke heranreicht, besticht das Unternehmen mit starken Wachstumszahlen und einem einstelligen Kurs-Gewinn-Verhältnis.
Value gibt es auch in diesem Marktumfeld wie Sand am Meer, wir müssen nur genau hinschauen. Und da nehme ich von der Vielzahl an unterschiedlichen Konferenzen, die ich besuche, jede Menge Ideen über das gesamte Jahr hinweg mit.
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