Diese Aktien, Branchen und Länder bieten jetzt Potenzial

Börsenprofi scannt die Märkte

Nach der Feier der Kater? Nach der Kursrallye vergangene Woche leuchtet es am Montag rot bei den großen Indizes. Wie geht es weiter? Welche Aktien, Branchen und Länder bieten jetzt gute Investmentchancen?

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Moody's als Stimmungskiller

Die Ratingagentur Moody's hat am vergangenen Freitag nach Handelsschluss mit einer Einstufung aufhorchen lassen, die sich zum Wochenauftakt als Stimmungskiller entpuppt: Sie hat die Kreditwürdigkeit der USA herabgestuft. Schnaufen die Märkte jetzt nur kurz durch oder ist den Anlegern der Risikoappetit schon wieder vergangen? Börsenprofi Marco Messina beleuchtet im Interview mit SD-Chefredakteur Frank Giarra die aktuelle Lage und präsentiert seinen Chancenradar für die kommenden Wochen.

Die Börsen feiern die Entspannung im Handelskonflikt zwischen den USA und China. War das Zoll-Theater am Ende nur ein Sturm im Wasserglas oder wird hier zu früh gefeiert?

Marco Messina: Also mal ehrlich: Die plötzliche Harmonie zwischen Washington und Peking fühlt sich ein bisschen so an, als hätten sich zwei Streithähne nach Jahren plötzlich umarmt – aber einer hat noch die Faust in der Tasche. Klar, die Börsen feiern die Schlagzeilen. „Zölle weg“, „Verhandlungen laufen“, „Kooperation statt Konfrontation“ – das klingt alles super.

Aber: Das Grundproblem, nämlich der technologische und geopolitische Wettbewerb zwischen den USA und China, ist damit nicht vom Tisch. Wer glaubt, dass der Handelsfrieden nun ewig währt, der glaubt wahrscheinlich auch noch an ewiges Wachstum ohne Rezession.

Kurzfristig bullisch? Ja. Langfristig entspannt? Vorsicht, meine Freunde! Und ich glaube, ich bin mit meiner gesunden Skepsis nicht alleine. Die U.S. 10 Year Treasury Rendite liegt weiterhin auf hohem Niveau, bei derzeit 4,445 %. Nachtigall, ick hör dir trapsen.

Robuster Arbeitsmarkt, leicht sinkende Inflation: Anscheinend ist die US-Wirtschaft stärker als gedacht?

Marco Messina: Und das, obwohl die dritte Ratingagentur, Moody's, nun ebenfalls die Kreditwürdigkeit der USA herabgestuft hat. Kein Wunder angesichts der immensen Staatsverschuldung.

Der Patient lebt – und joggt schon wieder, könnte man meinen.  Die Zahlen aus Übersee überraschen sogar die Optimisten. Der Arbeitsmarkt ist so stark wie ein Espresso doppio, die Inflation kühlt sich langsam ab, und die Konsumenten – die alte Kaufkraft-Kavallerie – lassen sich auch von Kreditkartenzinsen jenseits der 20% nicht ausbremsen.

Ob das nachhaltig ist? Schwer zu sagen. Aber Stand jetzt: Die US-Wirtschaft ist wie ein alter Chevy – macht Geräusche, sieht rostig aus, fährt aber immer noch wie geschmiert. Das ist nicht schön, aber ziemlich beeindruckend.

Marco Messina, Chefanalyst Aktien Navigator

Was macht die US-Notenbank?

Stichwort Inflation: Die US-Notenbank dürfte bald die Leitzinsen senken und könnte damit die Märkte beflügeln, oder?

Marco Messina: Let the Party get started – oder etwa nicht? Alle starren wie gebannt auf Jerome Powell, als sei er der DJ auf der Afterhour. In seiner Haut möchte ich derzeit nicht stecken, vor allem die verbalen Angriffe von Trump dürften für ihn in der Öffentlichkeit zu einem Spießrutenlauf werden.

Die Erwartungen an Zinssenkungen sind hoch – vielleicht zu hoch. Die Fed wird nicht senken, weil sie plötzlich Lust auf Wachstum hat, sondern weil sie merkt, dass sie auf einem dünnen Grat zwischen „weicher Landung“ und „blinder Zinshammer“ balanciert. Eine oder zwei Senkungen in 2025 könnten den Techs noch mal Schub geben, aber Achtung: Wenn die Inflation wieder hochzuckt, ist die Musik schneller vorbei, als man „Nasdaq Allzeithoch“ sagen kann.

Ich habe mich die Tage mit einem Lehrer meiner Tochter in New York ausgetauscht. Auch wenn er jetzt als Lehrer arbeitet, so war er zuvor viele Jahre lang im Investmentbanking in New York tätig. Er ist bei einigen Techs wie zum Beispiel Palantir extrem bullish und könnte sich da sogar Kurse von 1.000 US$ und mehr vorstellen. Gut, er hat gut reden, seine Buchgewinne liegen hier bei einigen Hundert Prozent.

Ich persönlich wäre da in dem Umfeld etwas vorsichtiger, auch wenn ich sehe, dass aufgrund der geopolitischen Verschiebungen in der Welt ein solcher Wert langfristig Profiteur dieser Entwicklung ist.

Japan, Indien und Europa spannend

In welchen Ländern und Branchen sehen Sie derzeit die besten Investmentchancen?

Marco Messina: Ich nenne so etwas Chancenradar. Wo’s gerade knistert:

Japan: Der stille Aufsteiger. Niedrige Bewertungen, Reformtempo, KI-Fantasie bei SoftBank & Co., die Yen-Schwäche wirkt zusätzlich als Export-Turbo.

Indien: Dynamik pur. Infrastruktur, Konsum, Digitalisierung – und eine junge, hungrige Bevölkerung. Aber der Konflikt mit Pakistan ist gefährlich, China hat gerade erst Pakistan militärische Unterstützung in Form von Flugabwehr zur Verfügung gestellt. Aber auch andere BRIC-Staaten scheinen derzeit interessant zu sein.

Europa: Selektiv spannend, der kranke Mann gesundet wieder. Selten war Europa sich in bestimmten wirtschaftlichen Dingen so einig wie derzeit. Strukturelle Fehler, wie das Lieferkettengesetz oder Verbrenneraus, wurden oder werden korrigiert. Infrastruktur ist weiterhin mein Top-Fokus, egal ob Stromnetze, Bahn oder Bau. Dieser Sektor profitiert von staatlichen Geldern, die jetzt endlich in der Realwirtschaft ankommen. Vor allem fließen diese nicht nur einige Monate, die Unternehmen werden über viele Jahre den Zufluss dieser Gelder spüren.

Sektor-Picks: Rüstung (leider aus bekannten Gründen), wie eben bereits erwähnt Infrastruktur, Uran, denn die Energieversorgung wird neu gedacht. Schaue mal unweit von Dir rüber nach Belgien. In Belgien wurde der Atomausstieg eigentlich schon 2003 gesetzlich festgelegt. Doch seit Jahren wurde über eine Kehrtwende debattiert. Nun traf das Parlament mit einer überwältigenden Mehrheit die Entscheidung, die beiden verbliebenen sieben Reaktoren in den beiden Atomkraftwerken nicht abzuschalten, und man will sogar neue Kernkraftwerke bauen. Dadurch soll die Energieversorgung sichergestellt werden. Was für eine Kehrtwende.

Biotech (nach brutalem Ausverkauf mit Turnaround-Fantasie) und – mit Vorsicht – ausgewählte Tech-Rebounder. Ich glaube, da sind Interessenten bei dem Biotech-Experten Maximilian Ruth in besten Händen, wenn ich seine Trades im Live Chat aus den letzten Tagen mal wieder Revue passieren lasse.

Porr und Friedrich Vorwerk im Auge behalten

Haben Sie spezielle Einzelaktien im Visier?

Marco Messina: Gerade im Infrastruktursektor haben wir einige spannende Unternehmen. Die Porr AG, ein österreichischer Baukonzern, der vom europäischen Infrastruktur-Boom profitiert, etwa. Aber auch eine Friedrich Vorwerk-Aktie, die vom Netzausbau wie Südlink, Gastrassen etc. profitiert.

Diese habe ich allerdings erst vor wenigen Wochen mit über 100% Kursgewinn verkauft und warte eigentlich auf einen perfekten Zeitpunkt für den Neueinstieg, aber irgendwie will die Aktie nach der Kursrallye nicht mal korrigieren.

Einige Aktien, die in meinen Augen Favoriten für 2025 sind, haben wir bereits im Aktien Navigator im Depot, wo ich davon ausgehe, dass wir mit diesen Werten von den neuen Entwicklungen deutlich profitieren werden.

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