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Vonovia-Aktie: Eine riskante Wette!

Simon Ruić / 05.05.22 / 13:23

Deutschlands größter Wohnungsvermieter Vonovia (WKN: A1ML7J) präsentiert zum Auftaktquartal starke Zuwächse, den Anlegern gefällt's: Die Aktie klettert bis zum Mittag um +3% auf 36,30 €. Die Immobiliengesellschaft ist aufgrund der steigenden Bau- und Kapitalkosten jedoch auch zu einem Umdenken gezwungen.

stock.adobe.com/Tobias Arhelger

Vonovia mit Sitz in Bochum verwaltet und vermietet Wohnungen in Deutschland, Österreich und Schweden. Durch die Übernahmen des Konkurrenten Deutsche Wohnen ist das Unternehmen zum größten Immobilienkonzern Europas avanciert mit über 550.000 Wohneinheiten. Der Börsenwert des DAX-Konzerns liegt derzeit bei 27 Milliarden €.

Starke Zuwächse, aber ein Nettofehlbetrag

Nach einen Rekordjahr und der Deutsche-Wohnen-Übernahme ist Vonovia mit weiteren Zuwächsen ins Jahr gestartet. So steigerte die Gesellschaft ihren Gewinn aus dem operativen Geschäft (FFO) in den ersten drei Monaten gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 44% auf 564 Millionen €. Ohne den Zukauf des Konkurrenten wären die FFO immerhin um 8% gestiegen. Die Miete erhöhte sich zwischen Januar und März im Schnitt auf 7,40 € pro Quadratmeter – im Vorjahresvergleich ein Plus von 3,1%.

Vor allem modernisierte Wohnungen trugen demnach zum Zuwachs bei. Die Kosten für die energetischen Sanierungen konnte der Konzern hingegen teilweise auf die Miete umlegen. Insgesamt steckten die Bochumer im Auftaktquartal mit knapp 520 Millionen € gut ein Drittel mehr in Modernisierung, Neubau und Instandhaltung. Vor allem wegen einer Wertminderung des Geschäfts- und Firmenwerts fiel unter dem Strich ein Verlust von 29 Millionen € an. Im Vorjahresquartal hatte das Unternehmen noch einen Überschuss von 247 Millionen € verbucht.

Inflation und Zinswende zwingen zum Umdenken

Die steigenden Bau- und Kapitalkosten gehen jedoch auch an Vonovia nicht spurlos vorbei. So will das Unternehmen im Laufe des Jahres zwar an 3.600 Wohnungen für den Neubau festhalten, aber mehr Objekte davon verkaufen als ursprünglich geplant. Für Neubauten für den eigenen Bestand wird der Vorstand die Ausgaben demnach auf 300 bis 400 Millionen € eindampfen. Für den Verkauf sind hingegen nun neue Immobilien im Auftragswert von 900 Millionen € vorgesehen.

Außerdem will der Konzern, der durch einen aggressiven Expansionskurs groß geworden war, auf weitere Zukäufe zunächst verzichten und sich auf organisches Wachstum konzentrieren. Das betreffe insbesondere auch die Beteiligung am kriselnden Branchenrivalen Adler, sagte Vonovia-CEO Rolf Buch. Der Vorstand sei jedoch weiterhin von der Werthaltigkeit des Adler-Bestands überzeugt und sieht sich „tendenziell als Aktionär auf der Verkäufer-Seite“, sobald die Aktien wieder fair bewertet seien.

Prognose bestätigt

Die Umsatz- und Gewinnprognosen für das laufende Jahr bestätigten die Bochumer: Für die zentralen Kennzahlen geht der DAX-Konzern weiterhin von einem Wachstum von mehr als 20% aus. So sollen die FFO auf 2,0 bis 2,1 Milliarden € steigen. Beim Umsatz plant das Management in einer Spanne zwischen 6,2 und 6,4 Milliarden €. Im bisherigen Rekordjahr 2021 waren die operativen Gewinne um 24% geklettert und die Erlöse um rund 19%.

Krisenresistente Value-Add-Strategie

Aus Investorensicht liegt der große Reiz an Vonovia in seinem integrierten Geschäftsmodell. Das Unternehmen kombiniert sein Kerngeschäft der Vermietung mit wohnungsbezogenen Dienstleistungen wie Gartenpflege, Hausmeisterdienste und Instandhaltung. Die Value-Add-Strategie führt zu einem besseren Kostenmanagement und nach Firmenangaben auch zu höherer Kundenzufriedenheit.

Spannend sind ebenfalls Vonovias Aktivitäten als Holding: Der Branchenriese kauft strategische Beteiligungen an anderen europäischen Immobiliengesellschaften, wie zuletzt an der niederländischen Vesteda.

Darüber hinaus zeigte Vonovia zuletzt seine hohe Krisenresistenz: Die Covid-19-Pandemie hat das Unternehmen ohne nennenswerte negative Auswirkungen überstanden.

Abhängig vom Niedrigzins

Die Erfolgsfaktoren des Immobilienkonzerns basieren jedoch in hohem Maß auf einem Niedrigzins-Umfeld. Im Kerngeschäft und bei den kostspieligen M&A-Aktivitäten ist es der entscheidende Hebel.

Was wir seit vergangenem Herbst bei der Vonovia-Aktie beobachten, ist, dass die Umkehrung des für den DAX-Konzern günstigen Zinsumfelds eingepreist wird. Seit September ging es für den Titel daher mehr als ein Drittel abwärts.

Dass die Bochumer ihre regen M&A-Aktivitäten nun nicht mehr finanzieren können, war daher abzusehen. Die höheren Zinsen werden sich jedoch auch spürbar auf das Kerngeschäft der Immobiliengesellschaft auswirken. Einen Crash halte ich auf dem stark regulierten hiesigen Wohnungsmarkt zwar für unwahrscheinlich; zwei Dinge sind jedoch nun nicht mehr garantiert:

Die Immobilienpreise und Mieten müssen nicht notwendigerweise immer weiter steigen und ähnlich verhält es sich in der Bundesrepublik mit der Wohnungsnachfrage. Vieles deutet darauf hin, dass der demografische Wandel im Land ab 2025 zu einem Rückgang der Nachfrage nach Wohnraum führen wird. In diesem Szenario wäre die Möglichkeit, die Mieten zu erhöhen, sehr begrenzt.

Wette auf steigende Wohnungspreise und Mieten

Nicht falsch verstehen: Ich halte Vonovia für ein großartiges Unternehmen, aber Anleger sollten sich jetzt nicht von der derzeit günstigen Bewertung der Aktie blenden lassen. Der Markt preist derzeit Veränderungen im fundamentalen Umfeld ein. Diese Korrektur ist gerechtfertigt und führt damit nicht automatisch zu einem besseren Risiko-Ertrags-Verhältnis.

Letztlich bleibt der Titel eine Wette auf weiter steigende Immobilienpreise und Mieten. Anleger sollten das berücksichtigen und nicht auf die „Es kann nur aufwärts gehen“-Erzählung hereinfallen.

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